Spuren
Für eine Zeichnung braucht man nicht viel: ein Blatt Papier, einen Stift, eine Feder oder einen Pinsel und etwas Tusche. Man spürt beim Zeichnen, wie der Stift oder der Pinsel das Papier berührt, darüber gleitet und sich daran reibt. Die Oberfläche bietet etwas Widerstand, die Farbe löst sich und bleibt am Papier haften. Mit der Bewegung der Hand findet die Linie ihren Weg, der Schwung, der Druck, die Eleganz oder das suchende Tasten werden darin eingefangen und bilden sich darin ab. Vielleicht zeigt sich sogar eine Zärtlichkeit der Linie. Ohne Lineal und Radierer ist die Bewegung nur teilweise vorhersehbar, nicht wiederholbar oder korrigierbar. Was zählt, ist das sinnliche Erleben des Zeichnens selbst. Was bleibt, sind nur die Spuren, die Stift, Pinsel und Farbe auf dem Papier hinterlassen. (2024) Zeichnung
Wenn man etwas ansieht, weiß man noch lange nicht, wie es aussieht. Auch ein Foto hilft da nicht viel. Erst wenn man es zeichnet, es zeichnerisch nach-empfindet, begreift und spürt man es. Einige Dinge werden auch erst sichtbar oder entstehen sogar erst, indem man sie zeichnet. Auch die Zeichnung selbst. Man spürt und erlebt, wie sie unter den eigenen Händen entsteht. (2023) |
Dinge des sinnlichen Gebrauchs
Ich fertige Objekte aus Papier, Karton, Leinwand, Holzwerkstoffplatten und Farbe oder greife mit diesen Materialen in bestehende Räume ein. Durch das Zusammenfügen von Material, die Schichtung und Überlagerung von Flächen und das Auftragen von Farbe gestalte ich Gegenstände, die einer jeweils eigenen gestalterischen Grammatik folgen und entsprechende Strukturen aufweisen. Das Ausloten des innerhalb dieser Grammatik verborgenen Potentials und das Spiel damit, das beabsichtige oder zufällige Abweichen von diesen Prinzipien ist dabei Teil des Entstehungsprozesses. Es entstehen Objekte, deren einzelne Elemente in jeweils unterschiedlichem Verhältnis zueinander stehen: Sie verdecken oder enthüllen einander, tragen oder werden getragen, gleichen sich, sind sich ähnlich oder kontrastieren miteinander. Sie spannen Räume auf, verschatten einander, es ergeben sich Abfolgen, Intervalle und Kontraste von Farben und Rhythmen. Einige Objekte sind einfach, andere kompliziert, einige wirken ruhig, andere unruhig, manche klar, andere geheimnisvoll, manche harmonisch, andere dissonant, zurückhaltend oder aufdringlich. Sie haben eine jeweils eigene charakteristische Identität, geprägt durch Material, Konstruktion, Proportion, Struktur und Farbe. |
Die Objekte machen Angebote an die Wahrnehmung des Betrachters oder fordern sie heraus. Durch verschiedene Betrachtungswinkel und wechselndes Licht werden Raum, Fläche und Farbe erfahrbar. Die Objekte treten damit in ein gegenseitiges Wechselspiel mit ihrer Umgebung und nehmen Einfluss darauf, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, lassen das Auge in ihnen wandern, werden zum Blickfang und verändern damit die Kräfteverhältnisse im Raum. Durch ihre Präsenz beeinflussen sie ihre Umgebung oder breiten sich sogar darin aus und werden damit zum dominanten Gestaltungselement. Auch wenn die Objekte Verkörperungen der Entscheidungen, der Zufälle oder sogar der Versehen sind, die zu ihrer Entstehung führten, so stellen sie nichts dar. Sie sind genau das, was sie sind: Dinge des sinnlichen Gebrauchs. (2015) |